Herr Schmitz, wie gut war Ihr Sender Ihrer Meinung nach auf das Coronavirus vorbereitet?
Als großes Medienunternehmen haben wir natürlich Notfallpläne griffbereit, sollten wir nicht mehr aus unserem Hauptstandort in Köln-Deutz senden können, sei es zum Beispiel aufgrund von Naturkatastrophen oder einer Bombenentschärfung. Dann könnten wir beispielsweise auch aus unserem Hauptstadtstudio oder den Studios in Köln-Ossendorf senden. Dass wir aber auf die Ausbreitung beziehungsweise Nicht-Ausbreitung eines Virus reagieren müssen, ist neu. Und da das all unsere Standorte betrifft, haben wir zügig neue Abläufe und passgenaue Verhaltensregeln formuliert und etabliert.
Die Mediengruppe RTL hat frühzeitig eine interne Arbeitsgruppe gebildet, die die aktuellen Entwicklungen von Tag zu Tag neu bewertet und entsprechende Maßnahmen ergreift, um die Beschäftigten bestmöglich und umfassend zu schützen und zu informieren. Die Arbeitsgruppe besteht neben dem hauseigenen Betriebsarzt und Kollegen aus dem Bereich Health & Services aus Vertretern der unterschiedlichen Bereiche der Mediengruppe RTL.
Wie gut funktioniert der Arbeitsalltag jetzt?
Sehr gut! Es wurden eine Reihe von Maßnahmen definiert, um die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor dem Virus zu schützen. Dazu zählt vor allem regelmäßige und gründliche Handhygiene. Die entsprechenden Hinweise und Anleitungen gibt es im Intranet, auf Displays und Plakaten im gesamten Gebäude sowie in allen Waschräumen. Hinzu kommt eine „No Handshake Policy“, sprich die Empfehlung, bis auf Weiteres das Händeschütteln zu vermeiden, auf alle internationalen und nationalen Dienstreisen zu verzichten und stattdessen auf Telefon- und/oder Videokonferenzen umzusteigen. Zudem arbeiten alle Beschäftigten, deren Anwesenheit im Sender aufgrund ihrer Tätigkeiten zur Sicherstellung des Produktions- und Sendebetriebes nicht zwingend notwendig ist, seit dem 16. März mobil von zu Hause aus. Aktuell sind ca. 400 Mitarbeiter in Köln und im Hauptstadtstudio Berlin im Einsatz. Aus dem Mobile Office schalten sich aktuell bundesweit 3.500 Beschäftigte zu.
Die Arbeitsbedingungen sind aktuell für alle Medien sehr eingeschränkt. Was sind die größten Herausforderungen für Ihre journalistischen Einheiten?
Alle unsere journalistischen Abteilungen im Haus arbeiten aktuell unter besonderen Bedingungen. Es sind weniger Kolleginnen und Kollegen vor Ort, Beiträge werden nach Möglichkeit von zu Hause vorbereitet, dort geschnitten und vertont. Aber die Abstimmungen klappen hervorragend. Unsere IT hat es ermöglicht, dass größtenteils ein Schnittbetrieb von zu Hause möglich ist, ohne dass das reine Videomaterial unsere Sendezentrale verlassen oder dort wieder zurückgespielt werden muss. Die von zu Hause arbeitenden Cutter bedienen quasi per Fernsteuerung die Schnittcomputer in unserem Sendezentrum. Das bringt erhebliche Daten-Kapazitätseinsparungen.
Alle unsere journalistischen Abteilungen im Haus arbeiten aktuell unter besonderen Bedingungen.
Wie schaffen Sie es, den Sendebetrieb aufrechtzuerhalten?
Für den Betriebsablauf kritische Abteilungen (wie etwa die Sendeabwicklung) wurden zur Sicherheit bereits frühzeitig räumlich geteilt. So vermeiden wir unnötige Durchmischung unserer Teams und unnötige gleichzeitige Anwesenheiten, sodass wir immer auf ein gesundes Team zugreifen können. Zudem besteht die Möglichkeit, aus dem Hauptstadtstudio oder den Studios in Köln-Ossendorf zu senden.
Führen Sie eine spezielle Gefährdungsbeurteilung durch, bevor ein Team losgeschickt wird?
Auch wenn es aktuell darum geht, die Verbreitung des Virus zu stoppen beziehungsweise zu verlangsamen, so müssen unsere journalistischen Einheiten nach wie vor ihren Job machen, denn das Bedürfnis nach Informationen ist in diesen Tagen enorm hoch. Aber selbstverständlich befinden wir uns im regelmäßigen Austausch mit den Behörden und befolgen strikt die Anweisungen, die auch bei den Drehs eingehalten werden.
Die Gefährdungsbeurteilung ergibt sich täglich neu innerhalb der regelmäßig stattfindenden Sitzungen unserer internen Arbeitsgruppe. Die Hauptaufgabe dieser Sitzungen ist es, alle Gefährdungen so weit wie möglich zu reduzieren – und zwar sowohl die unserer Mitarbeiter als auch die der Darsteller, des Publikums und aller weiteren involvierten Personen – und auf ein akzeptables Risiko zu minimieren.
Die Verantwortlichen bemühen sich zudem sehr um verschiedene Schutzausrüstungen. Diese stehen aber leider aktuell nicht unbegrenzt zur Verfügung.
Wie gehen Sie mit Arbeitsplätzen um, die von mehreren Menschen genutzt werden, zum Beispiel als Shared Desks oder in unterschiedlichen Schichten? Wie gewährleisten Sie die Eindämmung der Ansteckungsgefahr?
Die Kolleginnen und Kollegen, die ins Büro kommen müssen, müssen sich aktuell keinen Schreibtisch teilen. Darüber hinaus werden aber alle „Gemeinschaftsbereiche“ in sehr engen Taktungen regelmäßig desinfiziert und die allgemeinen Regeln etwa zum Abstandhalten strikt eingehalten.
Zudem haben wir im Regiebereich Plexiglaswände zum Schutz vor einer Tröpfcheninfektion installiert, die mehrmals täglich desinfiziert werden, da an manchen Arbeitsplätzen ein weiteres Auseinandersetzen der Mitarbeiter, bedingt durch die eingebaute Technik, nicht möglich ist. Darüber hinaus ist seit Kurzem auch ein mobiles Desinfektionsgerät im Einsatz, das durch UV-C-Bestrahlung Gegenstände innerhalb von fünf Minuten sterilisieren kann. Das Gerät kommt in den wichtigsten Abteilungen zum Einsatz und desinfiziert direkt „vor Ort“.
Gibt es spezielle Vorkehrungen dafür, wenn bei einem Mitarbeiter oder einer Mitarbeiterin das Virus erkannt wird?
Wenn ein Mitarbeiter erkrankt, werden umgehend alle geeigneten und notwendigen Maßnahmen ergriffen, die in einem solchen Fall vorgesehen sind. Für den Fall, dass die Erkrankung am Arbeitsplatz auftritt, hat die Mediengruppe RTL einen Isolationsraum im Erdgeschoss des Gebäudes am Standort in Köln-Deutz eingerichtet, der von außen zugänglich ist und in dem der Erkrankte bei milden Symptomen zunächst untergebracht werden kann. Dort wird in Abstimmung mit dem Betriebsarzt ein Schnelltest durchgeführt. Der Arbeitsplatz des Erkrankten wird gereinigt und desinfiziert. Sogenannte Kontaktpersonen aus dem direkten Kollegenkreis, die sich möglicherweise angesteckt haben, werden identifiziert und in Quarantäne nach Hause geschickt, von wo sie gemäß den bundesweiten Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts bis auf Weiteres arbeiten. Zudem werden umgehend alle zuständigen Behörden informiert, und in Zusammenarbeit mit ihnen wird über alle weiteren Schritte entschieden. Die Mitarbeiter werden regelmäßig informiert.
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Gut vorbereitet auf den Ernstfall: Tipps zur betrieblichen Pandemieplanung der VBG gibt es unter www.vbg.de/pandemieplanung
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