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Foto: VBG/Hannes Wiedemann

MotivationMuss Arbeit Spaß machen?

Worauf es im Job wirklich ankommt – und wie wir es schaffen, uns selbst oder unser Team zu motivieren, verrät Arbeitspsychologe Dr. Hannes Zacher.

Wie gut passt ein Beruf zu dem, was ich kann – und zu dem, was ich möchte? „Das sind die beiden zentralen Fragen, die man sich bei der Berufswahl stellen sollte“, so Dr. Hannes Zacher, Professor für Arbeits- und Organisationspsychologie am Wilhelm-Wundt-Institut für Psychologie der Uni Leipzig. „Ich persönlich kann zum Beispiel gut schreiben, mit Menschen umgehen und Statistik liegt mir. Neue Dinge zu lernen und Flexibilität sind mir wichtig. Dazu passt der Beruf, den ich gewählt habe, perfekt.“ Macht ihm seine Arbeit deswegen immer Spaß? „Nein, ganz und gar nicht – auch ich habe Tage, an denen mir im Job überhaupt nicht nach Lachen ist. Aber Spaß ist auch eine Emotion, die vielleicht besser zu Freizeitaktivitäten passt. Ich würde im beruflichen Kontext von Zufriedenheit oder Freude sprechen.“ 

Zufrieden sein – oder nach Zufriedenheit streben? 

Um im Beruf langfristig zufrieden zu sein, sollten die Anforderungen eines Berufes gut mit den eigenen Fähigkeiten und Bedürfnissen übereinstimmen. „Kurz: die Passung ist wichtig“, so Zacher. Dabei ist es gar nicht so einfach, auf beide Fragen – die nach dem Können und die nach dem Wollen – eine Antwort und dann noch eine dazu passende Tätigkeit zu finden. „Schließlich kann man in einer Tätigkeit fachlich sehr gut sein, die aber andere Bedürfnisse nicht erfüllt – wie etwa die Zusammenarbeit mit anderen Menschen. Oder die uns schlicht unterfordert“, so Zacher.

Selbst wenn eigentlich alles passt, ist selten ein Tag wie der andere: Auch ein Traumjob kann manchmal alles andere als zufriedenstellend sein. Das hat aber auch etwas Gutes: „Zufriedenheit ist ein Ziel, nach dem wir streben, aber das wir nicht immer erreichen. Wären wir tatsächlich immer zufrieden, würden wir aufhören, an unseren Zielen zu arbeiten.“ Wichtig ist laut Zacher, dass wir grundsätzlich und über einen längeren Zeitraum hinweg zufrieden mit unserer Berufswahl sind. Dann lassen sich auch Tage, die keinen Spaß machen, überstehen. Ohne, dass die Motivation direkt im Keller ist. 
 

Wären wir tatsächlich immer zufrieden, würden wir aufhören, an unseren Zielen zu arbeiten.
Arbeitspsychologe Dr. Hannes Zacher

Hannes Zacher arbeitete in Australien und den Niederlanden und ist seit 2016 Professor für Arbeits- und Organisationspsychologie an der Universität Leipzig.

Foto: VBG/Hannes Wiedemann

Ein gutes Arbeitsleben? Geht auch ohne Spaß!


In seiner aktuellen Forschung beschäftigt sich Dr. Hannes Zacher mit der Frage, was ein gutes Arbeitsleben ausmacht. Darauf haben, neben der Zufriedenheit, nämlich noch zwei weitere Dimensionen Einfluss: die Sinnhaftigkeit einer Tätigkeit und ihre psychologische Reichhaltigkeit – die gegeben ist, wenn ein Job interessant und abwechslungsreich ist. „Wir haben die Teilnehmenden unserer Studie gefragt, welches Arbeitsleben sie wählen würden, wenn sie sich für eines entscheiden müssten. Nur die Hälfte entschied sich für das zufriedene Arbeitsleben. Jeweils ein Viertel wählte das sinnhafte oder das psychologisch reichhaltige Arbeitsleben.“ 


Für die Zufriedenheit spielen verschiedene Faktoren eine Rolle: Wie viel Geld bekomme ich für meine Tätigkeit, wie ist die Work-Life-Balance, wie viel Einfluss habe ich, sind die Tage oft stressig, werde ich fair behandelt und so weiter. „Um die Zufriedenheit im Job zu erhöhen, sollte man versuchen, die arbeitsbezogenen Stressoren zu reduzieren und die Ressourcen zu stärken“, so der Psychologe. Für die Sinnhaftigkeit und die psychologische Reichhaltigkeit spielen diese Faktoren hingegen keine große Rolle. „Das bedeutet, dass ein gutes Arbeitsleben auch gegeben sein kann, wenn ein Job schlecht bezahlt oder sehr anstrengend ist. Nämlich dann, wenn er einen positiven Einfluss auf das Leben anderer Menschen, die Gesellschaft oder unsere Umwelt hat. Oder wenn man von seinem Arbeitstag erzählen kann, wie von einem spannenden Film – wenn immer etwas passiert und es nie langweilig wird.“

Anstrengende Phasen sind die, an denen wir wachsen

Im Job geht es also gerade drunter und drüber – oder ein Projekt ist besonders herausfordernd? „So etwas verbuche ich inzwischen unter Reichhaltigkeit“, sagt Zacher. Meist erkennen wir den Wert schwieriger Zeiten – mit Konflikten oder anstrengenden Vorgesetzten – erst, wenn wir mit etwas Abstand darauf zurückblicken. Es sind Zeiten, in denen wir viel über uns selbst lernen. „Manchmal lohnt es sich deswegen, die Passung vorübergehend ganz bewusst auszuhebeln. Etwa, um einen Vortrag zu übernehmen, obwohl man sich scheut, vor Menschen zu sprechen. Setzen wir uns Ziele, die unsere Fähigkeiten oder Kenntnisse übersteigen, geben wir uns den Raum, zu lernen, uns persönlich weiterzuentwickeln und an der Herausforderung zu wachsen.“ 

Und wenn es auf Dauer nicht mehr passt? 

Zum Glück driften Menschen fast automatisch in die Tätigkeiten, die zu ihnen passen. Aber natürlich verändern wir uns mit den Jahren – genau wie die Arbeitswelt und die Berufe. Und so kann sich auch die Passung schleichend verändern. „Wenn wir unmotivierte Mitarbeitende erleben, dann passen häufig die Anforderungen eines Jobs nicht mehr zu ihren Bedürfnissen oder Fähigkeiten. Als Führungskraft sollte ich dann die richtigen Fragen stellen: Was sind die Bedürfnisse der Person, was ihre Fähigkeiten? Was gefällt ihr, was nicht? Was ist an einem Tag passiert, an dem sie richtig viel Spaß hatte? So findet man nicht nur heraus, was sich ändern muss, damit es wieder besser passt – man lernt auch viel über die Motivation der Mitarbeitenden. Und, wenn man sich die Fragen selbst stellt, auch über sich.“ 

Wenn wir unmotivierte Mitarbeitende erleben, dann passen häufig die Anforderungen eines Jobs nicht mehr zu ihren Bedürfnissen oder Fähigkeiten.
Dr. Hannes Zacher

Arbeit neu gestalten – Motivation erhöhen

Nach der Bestandsaufnahme könnten zum Beispiel Aufgaben neu verteilt werden. Mehr von dem machen, was Spaß macht, und ungeliebte Tätigkeiten abgeben? Das tut der Motivation sehr gut. Wie man die Arbeit, die man zu tun hat, gestaltet, hat ebenfalls einen Einfluss: Wer zum Beispiel gerne mit Menschen in Kontakt ist, kann öfter mal persönlich ins Nachbarbüro gehen, statt eine Mail zu schreiben.

Neben der Passung geht es dann noch darum, wie wir unsere Tätigkeit individuell bewerten. „Eine Mitarbeiterin eines Autokonzerns sagte mal zu mir, ihre Arbeit am Fließband trüge dazu bei, die Sicherheit im Straßenverkehr zu gewährleisten. Damit war für sie die Sinnhaftigkeit gegeben. Ergründen wir also, was uns an unserer Arbeit zufrieden macht, wo wir unseren Job als sinnhaft oder bedeutsam für die Gesellschaft empfinden oder ob unsere Tätigkeit an einigen Tagen nicht doch vielfältig ist. Diese Dinge für sich selbst oder gemeinsam mit Mitarbeitenden zu erarbeiten, ist sehr motivierend.“

Gut zu wissen: Ein gutes Betriebsklima trägt dazu bei, dass Beschäftigte zufriedener und motivierter bei der Arbeit sind. Die VBG unterstützt mit der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung. Mit ihrer Hilfe lassen sich die Rahmenbedingungen bei der Arbeit gut organisieren. Das entlastet nicht nur Ihre Beschäftigten sondern hebt auch die Stimmung im Team. Mehr dazu.

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