Die Begriffe Digitalisierung und digitale Transformation sind in aller Munde. Einer repräsentativen Studie des Digitalverbandes Bitkom von Ende Juni 2020 zufolge können deutsche Unternehmen im Vergleich zu den Vorjahren mit einem „Digitalisierungsschub“ glänzen. 59 Prozent der Befragten organisieren ihre Prozesse schon heute mithilfe digitaler Anwendungen. Was das bedeutet? Digitalisierung beschreibt den kontinuierlichen Veränderungsprozess hin zu digitalen Prozessen. Informationen, Kommunikation, Prozesse und Dienstleistungen werden über digitale Plattformen vernetzt. Das allein reicht jedoch nicht: Auch bestehende Geschäftsmodelle werden digital abgebildet beziehungsweise neue digitale Produkte aufgebaut.
Die Vorteile: Prozesse lassen sich optimieren und bestenfalls automatisieren. Angebote können flexibler und individueller gestaltet sowie orts- und zeitunabhängig auf dem Markt feilgeboten werden. Die Nachteile: Digitale Produkte sind oft erklärungsbedürftig und verursachen gerade am Anfang hohe Kosten. Skeptikerinnen und Skeptiker weisen zudem häufig auf Probleme mit der Datensicherheit hin. Trotzdem: Wie die oben genannte Bitkom-Studie feststellt, lief es laut einer aktuellen Befragung des Industrie-4.0-Vereins „SEF Smart Electronic Factory“ gerade während der Coronavirus-Pandemie bei Digitalunternehmen besonders gut. Wer seinen wie auch immer gearteten Shop nicht im Zuge der Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie schließen musste, konnte sogar mit mehr Geschäft profitieren.
Maschinen für Menschen
Die Technische Hochschule Mittelhessen (THM) hat 2019 ein Forschungsprojekt bezüglich des Einzugs digitaler Prozesse in Unternehmen erhoben. Haupterkenntnis ist, dass Geschäftsmodell-Erweiterungen hinsichtlich „Digitale Services“ insbesondere im Mittelstand unterrepräsentiert und wenig profitabel sind. Die Gründe: In vielen Unternehmen fehlt es schlichtweg an entsprechendem Know-how. Unternehmen können sich schrittweise zur digitalen Organisation entwickeln oder eine digitale Einheit bilden, die entweder als Abteilung oder Ausgründung digitale Ansätze zunächst in einem geschützten Bereich testet. Erfolgreich getestete agile Prozesse und Arbeitsweisen können später ins Hauptunternehmen übertragen werden.
Methoden wie Design Thinking und Lean Start-up finden hier häufig Anwendung. Design Thinking ist ein Ansatz zur Problemlösung und Ideenfindung, der auf der Anwenderperspektive basiert und deren Präferenzen, Erlebnisse und Emotionen in den Vordergrund stellt. Lean Start-up ist eine Technik zur schnellen Entwicklung von Organisationseinheiten oder Produkten mit möglichst schlanken Prozessen und wenig Kapitaleinsatz. Der Fokus liegt dabei darauf, nach einer reduzierten Konzeptionsphase möglichst schnell einen Prototyp auf den Markt zu bringen, der dann kontinuierlich weiterentwickelt wird. Dabei kann kurzfristig ohne große Kosten auf Erfahrungen sowie Kundenfeedback und -wünsche reagiert werden.
Bei allen Vorteilen ist auch Vorsicht geboten. Der mithilfe digitaler Prozesse beschleunigte Wandel der Arbeitswelt kann dazu führen, dass Beschäftigte keine Phasen mehr erleben, in denen sich in ihrem Unternehmen nichts ändert, mit erheblichen Auswirkungen auf ihre Gesundheit. Um Unternehmen und ihre Beschäftigten bei der Herausforderung, diese sogenannten permanenten Change-Prozesse zu meistern, proaktiv zu unterstützen, setzt die VBG gemeinsam mit ihren Sozialpartnern in der Initiative Mitdenken 4.0 hier einen neuen Themenschwerpunkt. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf Ideen, die dazu beitragen, die Strukturen präventiv so zu gestalten, dass sie sich nicht negativ auswirken.
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