Gefährdungsbeurteilung – was ist das eigentlich?
Gefährdungsbeurteilung bedeutet die regelmäßige systematische Ermittlung aller potenziellen Gefährdungen und Belastungen, denen Beschäftigte bei der Arbeit ausgesetzt sind. In Deutschland ist jedes Unternehmen zur Durchführung und Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung verpflichtet, unabhängig von der Unternehmensgröße oder -branche. Die Beurteilung muss dabei umfassend sein, also alle relevanten Bereiche wie das Arbeitsumfeld, die Arbeitsorganisation, die Räumlichkeiten, das Mobiliar, aber auch zum Beispiel die Software abdecken. Die Gefährdungsbeurteilung ist wichtig, um die Leistungsfähigkeit und Gesundheit der Beschäftigten langfristig zu erhalten.
Was schreibt der Gesetzgeber vor?
Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen sind laut Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) verpflichtet, „die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes unter Berücksichtigung der Umstände zu treffen, die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit beeinflussen.“ Das bedeutet, dass die Gesundheit der Mitarbeitenden durch die Arbeit weder körperlich noch psychisch beeinträchtigt werden darf. Dafür müssen Unternehmen regelmäßig beurteilen, wo sich potenzielle Belastungen oder Gefahren für die Mitarbeitenden ergeben, und dies auch dokumentieren. Aus dieser Gefährdungsbeurteilung muss abgeleitet werden, welche Maßnahmen des Arbeitsschutzes notwendig sind, um Gefahren oder Belastungen zu beseitigen oder auf ein Minimum zu reduzieren.
Welche Bereiche umfasst die Gefährdungsbeurteilung?
Das Arbeitsschutzgesetz listet eine ganze Reihe von Faktoren auf, durch die sich eine Gefährdung ergeben kann. Zu prüfen sind demzufolge neben der Gestaltung und der Einrichtung der Arbeitsstätte und des Arbeitsplatzes auch physikalische, chemische und biologische Einwirkungen, die Gestaltung, die Auswahl und der Einsatz von Arbeitsmitteln, insbesondere von Arbeitsstoffen, Maschinen, Geräten und Anlagen sowie der Umgang damit. Außerdem die Gestaltung von Arbeitsverfahren und Arbeitszeit sowie deren Zusammenwirken. Ebenso gilt es grundsätzlich, auch die psychischen Belastungen der Tätigkeit zu ermitteln und auf ihre Gefährdung zu prüfen.
Wer ist für die Durchführung der Gefährdungsbeurteilung zuständig?
Das Arbeitsschutzgesetz nimmt Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber in die Pflicht, eine Gefährdungsbeurteilung im Unternehmen zu erstellen. Für eine zutreffende Beurteilung der erkannten Gefährdungen und Belastungen ist eine fachkundige Durchführung unerlässlich. Daher wird unter anderem in der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) und in der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) darauf hingewiesen, dass eine fachkundige Durchführung erfolgen muss und, falls erforderlich, eine fachkundige Beratung hinzuzuziehen ist. In der Regel werden dafür Fachkräfte für Arbeitssicherheit (Sifa) zu Rate gezogen, die jedes Unternehmen nach dem Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG) „schriftlich zu bestellen“ hat. Das können sowohl interne als auch externe Personen sein. Eigene Mitarbeitende können dafür vom Betrieb weiterqualifiziert werden. In der Praxis wirken auch Betriebsärztinnen und -ärzte oft an der Gefährdungsbeurteilung mit. Sonderregelungen sieht die DGUV Vorschrift 2 für kleinere Betriebe mit bis zu 50 Beschäftigten vor.
Wie unterstützt die VBG ihre Mitgliedsunternehmen bei der Gefährdungsbeurteilung?
Die VBG unterstützt ihre Mitgliedsunternehmen mit einer ganzen Reihe von Services, die dabei helfen, gesetzliche Vorgaben zur Arbeitssicherheit einzuhalten. Darunter fallen auch die Planung, Durchführung und Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung, für die auf der VBG-Webseite zahlreiche Arbeitshilfen zur Verfügung stehen. Diese umfassen neben VBG-Schriften und Gefährdungskatalogen auch Software, Formulare, Checklisten und Software-Angebote für verschiedene Anforderungen.
Welche Software-Tools der VBG helfen bei der Gefährdungsbeurteilung?
Kleinere Betriebe mit bis zu zehn Beschäftigten können eine vereinfachte Version einer Gefährdungsbeurteilung erstellen, da sich die Vielfalt und Ausprägung der Gefährdungen und Belastungen dort in der Regel weniger komplex als in großen Unternehmen darstellen. Unterstützung bietet dafür die App VBG Praxis-Check.
Unternehmen mit bis zu zehn Beschäftigten unterstützt die VBG zudem mit der kostenfreien KPZ-Betreuung beim Arbeitsschutz. Um diese in Anspruch nehmen zu können, ist eine Anmeldung im KPZ-Portal notwendig. Das Online-Tool beinhaltet Lernmodule zu arbeitsschutzrelevanten Themen sowie einen Praxis-Check, mit dem das Erlernte auf das eigene Unternehmen übertragen werden kann, um Maßnahmen für Verbesserungen zu treffen. Mit dem Praxis-Check wird zusätzlich die notwendige Dokumentation zur Gefährdungsbeurteilung erarbeitet. Sobald der Check absolviert ist, können Unternehmen die KPZ-Betreuung vollumfänglich nutzen und eine persönliche Beratung zur Arbeitssicherheit und Gefährdungsbeurteilung über die kostenfreie KPZ-Hotline in Anspruch nehmen.
Unternehmen mit 11 bis 50 Beschäftigten weist der VBG-Pflichtenkompass den Weg durch den Vorschriftendschungel. In 30 Minuten analysiert das Tool die aktuelle Situation an Büroarbeitsplätzen und verweist auf Verbesserungsmöglichkeiten, weiterführende Informationen und Unterstützungsangebote der VBG. Mit dem Pflichtenkompass erhalten Betriebe mit wenigen Klicks eine ideale Vorbereitung auf die Erstellung der Gefährdungsbeurteilung.
Größeren Unternehmen mit bis zu 250 Beschäftigten hilft die VBG-Software GEDOKU bei der Gefährdungsbeurteilung. Sie unterstützt in allen drei Phasen – von der Planung über die Durchführung bis zur Dokumentation. Das Tool beinhaltet sowohl branchenunabhängige als auch -spezifische Kataloge von Gefährdungen und schlägt passende Schutzmaßnahmen vor. GEDOKU eignet sich aber auch für Betriebe mit 11 bis 30 Beschäftigten: Für sie ist in der Software ein Musterunternehmen „Kleine Betriebe“ angelegt, welches die Gefährdungsbeurteilung für Unternehmen dieser Größe erleichtert.
Welche Rolle spielen psychische Belastungen bei der Gefährdungsbeurteilung?
Psychische Belastungen waren schon immer Teil der Gefährdungsbeurteilung. Dass sie auch zu berücksichtigen sind, wurde allerdings erst 2013 explizit im Arbeitsschutzgesetz beschrieben. Nicht zuletzt deshalb, weil psychische Belastungen seit langem zunehmen und hohe Folgekosten verursachen. Die VBG stellt verschiedene Angebote zur Erfassung psychischer Belastungen zur Verfügung: Während sich für Unternehmen mit bis zu 50 Beschäftigten die Kurzanalyse im Team (KiT) anbietet, eignet sich für größere Betriebe das VBG-Online-Tool, mit dem Belastungsschwerpunkte identifiziert und dann gezielt in Workshops Maßnahmen abgeleitet werden können. Die Ergebnisse lassen sich für die Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung als sogenannte „mitgeltende Unterlagen“ nutzen und in die Gesamt-Gefährdungsbeurteilung integrieren.
Bereits einen Schritt früher setzt die App esgehtumdein.team an. Sie stellt einen spielerischen Zugang zur Welt des Arbeitsschutzes dar und wurde vor allem für junge Unternehmen entwickelt, die sich mit dem Thema Gesundheit der Beschäftigten auseinandersetzen. Mit ihr lässt sich per anonymer Befragung herausfinden, wie die eigene Belegschaft die Arbeitssituation im Unternehmen bewertet. Das Tool ersetzt die Ermittlung psychischer Belastungen zwar nicht, bietet aber die Möglichkeit, unkompliziert erste Schritte dahin zu gehen.
Veröffentlicht am