Als ein Kollege zwischen zwei schwere Glasscheiben geriet, waren drei Ersthelfer zur Stelle. Einer von ihnen: Marcus Gaus. Der Produktionsleiter bei der Schollglas Technik GmbH Isernhagen ist zwar routiniert in Notfällen, jedoch forderte die besondere Situation auch ihn heraus.
Erzählen Sie uns bitte Ihre Geschichte: Welcher Notfall trat ein, wie konnten Sie Erste Hilfe leisten – und wie geht es der betroffenen Person heute?
Ein Mitarbeiter einer Zeitarbeitsfirma hatte sich am 21. August 2020 den Kopf zwischen einer hinter ihm stehenden Glasscheibe und einer, die auf ihn fiel, eingeklemmt. Jede dieser Scheiben wog circa 250 Kilogramm. Die zwei weiteren Preisträger, Herr Pisch und Herr Hamze, haben die Scheiben hochgedrückt und ihn dadurch befreit. Zuvor hatte Herr Pisch mich jedoch durch die Produktionshalle gerufen. So konnte ich bei dem inzwischen befreiten Mitarbeiter mit der Erstversorgung starten und parallel den Notruf tätigen. Hierbei wurde ich von verschiedenen Kollegen unterstützt: Einer schaffte Platz für die Erste Hilfe, der nächste holte den Rettungskoffer, und wieder ein anderer sorgte dafür, dass der Rettungswagen direkt in die Halle zum Verunfallten gelangte. Als ich mit der Erstversorgung fertig war, kam der Rettungswagen auch schon. Dem Verunfallten geht es gut. Er arbeitet weiterhin bei uns im Unternehmen.
Hand aufs Herz: Wussten Sie, was zu tun ist, oder haben Sie instinktiv gehandelt?
Ich bin seit ungefähr 25 Jahren Ersthelfer und war schon bei etlichen Einsätzen dabei. Dadurch habe ich eine gewisse Routine und Ruhe bei der Wundversorgung. Aufgrund der Größe der Wunde – 25 Zentimeter lang, von der Augenbraue bis über das Ohr hinaus – war ich im ersten Moment jedoch ratlos. Das legte sich aber schnell. Ich musste improvisieren, da die verunfallte Person drohte, das Bewusstsein zu verlieren. Gedanken über die Erste Hilfe machte ich mir erst, als die Sanitäter da waren und ich mich mit der Situation auseinandersetzen konnte.
Welche Reaktionen gab es – über diese Anerkennung durch die VBG hinaus –, und wie fühlt man sich als Erstretter?
Die Geschäftsführung und einige Kollegen haben sich bedankt dafür, dass ich die Wundversorgung übernommen habe, und natürlich auch der Verunfallte. Als Lebensretter fühle ich mich jedoch nicht, da ich es bis vor Kurzem gar nicht wirklich realisiert habe, dass es auch tödlich hätte ausgehen können.
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