Zwischen zwei Terminen, kurz vor ihrem Urlaub, nimmt sich Petra Kirschnek Zeit für ein Gespräch mit Certo. Die Rechtsanwältin hat naturgemäß einen vollen Terminkalender. Doch für die Beantwortung der Fragen nimmt sie sich viel Zeit – das ist sie durch ihre Arbeit mit Mandantinnen und Mandanten gewohnt. Im Gespräch mit Certo geht es jedoch nicht um ihre Arbeit als Rechtsanwältin, sondern um ihre ehrenamtliche Tätigkeit als Mitglied im VBG-Rentenausschuss. Seit knapp zwei Jahren wirkt die 52-Jährige als Vertreterin der Arbeitgeberseite im Ausschuss in Dresden mit, wo sie auch ihre Kanzlei hat.
Wichtige Entscheidungen prüfen
Konkret bedeutet das: Sie prüft zusammen mit der Vertreterin der Arbeitnehmerseite Rentenbescheide, die die VBG ihren Versicherten bewilligt oder ablehnt, auf Unstimmigkeiten, Plausibilität und Transparenz. „Bei so wichtigen Entscheidungen wie zum Beispiel bei Anträgen auf Verletztenrente zählt jedes Paar Augen, das sich mit dem Antrag und der Entscheidung befasst“, so Kirschnek. Sie achte insbesondere darauf, dass die Entscheidungen so nachvollziehbar seien, dass die Versicherten den gesamten Weg dahin verstünden und nachvollziehen könnten, warum welche Entscheidung wie ausfalle. „Da kann ich manchmal sehr spitzfindig werden. Aber alles, was am Ende der Verständlichkeit und Transparenz der Entscheidungen dient, führt zu Akzeptanz und unterstützt auch den Solidargedanken in der Versichertengemeinschaft.“
Im Schnitt finden alle sechs Wochen die rund zweistündigen Sitzungen statt, in denen die Anträge zusammen mit zwei Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeitern der VBG geprüft und diskutiert werden. Dabei läuft die Zusammenarbeit zwischen der Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretung nicht gegeneinander, wie man es etwa von politischen Parteien im Wahlkampf gewohnt ist. Vielmehr schätzt Kirschnek die Kollegialität in den Sitzungen und die produktive, zielführende Arbeit: „Wir haben uns ja freiwillig für die ehrenamtliche Arbeit in den Ausschüssen gemeldet. Deshalb haben wir untereinander auch eine gute Basis, und wir wissen alle um die hohe Verantwortung bei unseren nicht immer einfachen Entscheidungen.“
Engagement für die Gesellschaft
Doch wie wird man überhaupt Mitglied der VBG-Selbstverwaltung? Kirschnek: „Als Vertretung der Arbeitgeberseite wurde ich vorgeschlagen – und zwar vom Arbeitgeberverband Freier Berufe.“ Und tatsächlich musste Petra Kirschnek nicht lange überlegen: „Die ehrenamtliche Arbeit ist enorm wichtig für die Gesellschaft – und für die Arbeit in der Selbstverwaltung der VBG ebenfalls.“
Das ehrenamtliche Engagement liegt offenbar in der Familie. Nicht nur Petra und ihr Mann Olaf Kirschnek engagieren sich über ihren eigentlichen Beruf hinaus. Schon ihr Urgroßvater und Großvater, die beide ebenfalls Anwälte waren, haben sich in ihrer tschechischen Heimat in der Kommunalpolitik beteiligt. „Mein Urgroßvater war sogar Bürgermeister unserer Heimatstadt Pardubice“, erklärt Kirschnek. Ein Bild der Stadt, das der Urgroßvater ihr vererbte, hängt noch immer in ihrer Kanzlei und erinnert an seine guten Taten und sein Engagement.
Zum Ende des Gesprächs möchte Petra Kirschnek noch unbedingt mit einem Vorurteil aufräumen: Zwar sei es bei der Arbeit im Rentenausschuss hilfreich, dass sie Rechtsanwältin sei. Verträge, Formulierungen und die Sachkenntnis mancher Fälle seien zum Beispiel von Vorteil. Doch als Mitglied der VBG-Selbstverwaltung müsse niemand ein Studium der Rechtswissenschaften abgelegt haben, um mitwirken zu können. „Es ist ja vom Gesetzgeber gewollt und unterliegt dem Gedanken der freiwilligen Selbstverwaltung: Jede Person aus einem Mitgliedsunternehmen der VBG, die von Arbeitgeber- oder Arbeitnehmerseite vorgeschlagen und gewählt wird, kann sich engagieren. So sind die Ausschüsse möglichst divers besetzt“, erklärt Kirschnek. Dafür gibt es unter anderem auch Schulungen von der VBG, um sich fachlich weiterzubilden und eine Expertise im Themengebiet aufbauen zu können. „Jede und jeder ist willkommen“, sagt Kirschnek und ergänzt: „Ich bin ja noch für ein paar Jahre gewählt, aber weiß jetzt schon, dass ich danach noch weitermachen würde.“
Gut zu wissen: Die nächste VBG-Sozialwahl findet 2023 statt. Mehr Informationen zur Wahl und zur Arbeit der Selbstverwaltung finden Sie hier.
Die VBG ist demokratisch aufgebaut. Sie ist in ihrer Rechtsform eine Körperschaft des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung. Die Selbstverwaltungsorgane, die für die Berufsgenossenschaft handeln, sind die Vertreterversammlung und der Vorstand, die alle sechs Jahre in den Sozialwahlen neu gewählt werden. Vertreterversammlung und Vorstand bilden darüber hinaus Besondere Ausschüsse, die über Renten und Widersprüche entscheiden. Die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber und Versicherte besetzen Gremien der Berufsgenossenschaft ehrenamtlich. Sie bringen ihre betrieblichen Erfahrungen und ihren Sachverstand ein und ermöglichen so praxisnahe Entscheidungen. Ziel ist ein Höchstmaß an Transparenz und Akzeptanz für alle Seiten.
Petra Kirschnek ist eines der Mitglieder und gibt Certo Einblicke in ihre Arbeit als Vertreterin im VBG-Rentenausschuss.
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