Insgesamt 358.794 Arbeitsunfälle wurden im Jahr 2020 bei der VBG registriert, pandemievbedingt 23,1 Prozent weniger als im Vorjahr. 2019 belief sich die Zahl noch auf 466.419 Unfälle. Eines der Hauptanliegen von Unternehmen sollte es sein, Arbeitsunfälle so gut es geht zu verhindern und der Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten Priorität einzuräumen. Denn nicht nur für die beteiligten Beschäftigten, auch für Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber bringt der Ausfall von Kolleginnen und Kollegen gravierende Konsequenzen mit sich. „Etwa weil andere Mitarbeitende dann übernehmen müssen, Arbeit liegen bleibt oder sich zumindest verzögert“, erklärt Christoph Stein. Auch wenn sich nicht alle Gefahren im Vorfeld erschließen und verhindern lassen, ist der Leiter des Fachbereichs Arbeitssicherheit im Fachbereich Prävention der VBG mehr als überzeugt: „Wer eine Gefährdungsbeurteilung macht, leistet einen großen Beitrag dazu, die Leistungsfähigkeit und die Gesundheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter langfristig zu erhalten.“
GEDOKU einfach erklärt! Hier im Video.
Video mit Untertiteln
Video mit Audiodeskription
Gefährdungen kennen und vermeiden
Das gilt auch und insbesondere für die Arbeit im Büro. „Auf den ersten Blick sind die Gefährdungen im Bürobereich im Vergleich zu anderen Branchen wie dem produzierenden Gewerbe oder dem Bau klein, dennoch sind sie wesentlich“, erklärt der Experte. „Die größte Gefahr ist vermutlich, den Bereich zu unterschätzen, weil wir im Bürobereich in der Regel keine schwerwiegenden Unfälle haben und akute Gefährdungen in den meisten Fällen mit Unfällen in Zusammenhang gebracht werden.“
Dabei geht es bei der Gefährdungsbeurteilung um die systematische Ermittlung aller Gefährdungen, also auch der Belastungen, denen Beschäftigte unterliegen. „Es ist wichtig, sehr genau herauszufinden, welche individuellen Belastungen und Gefährdungen es im Unternehmen gibt“, macht Stein klar. Dabei müsse alles betrachtet werden, also das Mobiliar, die Software, die Hardware, das Arbeitsumfeld, die Arbeitsorganisation und weitere Aspekte.
Viele Beschäftigte werden in den vergangenen zwei Jahren am eigenen Körper gespürt haben, dass es doch ein Unterschied ist, ob man auf dem Küchenstuhl sitzt oder auf einem Drehstuhl an einem vernünftigen Schreibtisch im Büro.
Belastungen sind vielfältig
Belastungen, die zum Beispiel aufgrund mangelhafter Ergonomie am Arbeitsplatz entstehen, gehören genauso dazu wie psychische Belastungen, etwa durch die Großbaustelle Homeoffice: „Viele Beschäftigte werden in den vergangenen zwei Jahren am eigenen Körper gespürt haben, dass es doch ein Unterschied ist, ob man auf dem Küchenstuhl sitzt oder auf einem Drehstuhl an einem vernünftigen Schreibtisch im Büro“, erläutert Stein.
Nicht ohne Grund sind deshalb alle Unternehmen dazu verpflichtet, eine Gefährdungsbeurteilung durchzuführen, unabhängig von ihrer Größe. „Kleinere Unternehmen mit bis zu zehn Beschäftigten können eine vereinfachte Version einer Gefährdungsbeurteilung erstellen, weil die Anforderungen dort in der Regel ein bisschen anders sind als bei einem großen Unternehmen, das über gewisse Strukturen wie Abteilungen, Bereiche und Teams verfügt“, berichtet Stein.
Dennoch tun sich viele Unternehmerinnen und Unternehmer mit diesem Thema nicht unbedingt leicht. „Wenn Sie den Begriff ‚Gefährdungsbeurteilung‘ in eine der gängigen Suchmaschinen eingeben, finden Sie dort Millionen an Einträgen. Unternehmerinnen und Unternehmer, die sich da durchforsten müssen, verlieren schnell den Überblick“, weiß der Fachmann.
Dabei muss das Rad oft nicht neu erfunden werden: Für gewöhnlich ähneln sich die Büros und ihre Ausstattung in Unternehmen. „Häufig gibt es so gut wie überall die gleichen Bildschirme, Tastaturen, Computer und Büromöbel. In diesem Fall macht es natürlich keinen Sinn, sich jeden Arbeitsplatz einzeln anzuschauen. Hier reicht es, einen davon genau zu analysieren und die Erkenntnisse dann auf die anderen zu übertragen“, macht Stein klar.
Hierbei unterstützt die VBG: „Im Basiskatalog Bildschirm- und Büroarbeit der Software GEDOKU beispielsweise sind die Bereiche erfasst, die eine Gefährdungsbeurteilung in den meisten Büros umfasst“, führt der Experte aus. Das Spektrum ist groß. Mögliche Gefährdungen reichen von der Gestaltung der Arbeit, also den Inhalten und Aufgaben, über das diesbezüglich vorhandene Informationsangebot bis zu Aspekten wie Arbeitszeit, Arbeitsablauf oder sozialen Beziehungen. Ebenso berücksichtigt werden Raumklima, Beleuchtung, Geräte und Software, natürlich die Büromöbel, aber auch Leitern und Tritte, die zum Einsatz kommen können. Die Materialien der VBG können natürlich nicht jede denkbare betriebliche Situation abbilden. Daher ist immer wieder der Blick auf die individuelle Situation im Betrieb wichtig. Diese kann in GEDOKU individuell ergänzt werden.
Sachkundige Kommunikation
Außerdem gilt: Die Gefährdungsbeurteilung ist ein lebendes Dokument – das heißt, es wird nicht einmal erstellt und bleibt dann für alle Tage gleich. Mindestens alle fünf Jahre sollte eine neue Gefährdungsbeurteilung durchgeführt werden, empfiehlt Stein. „Wenn sich beispielsweise durch den Einsatz neuer Hardware Veränderungen ergeben, könnte dies Auswirkungen auf die Belastungen der Beschäftigten haben“, führt er aus.
Die Verantwortung für die Beurteilung liegt zwar eindeutig bei der Unternehmerin beziehungsweise bei dem Unternehmer. Die Durchführung hingegen soll dem Gesetz zufolge „sachkundig“ erfolgen. Bei einem kleinen Unternehmen unterstellt man der Unternehmensleitung, dass diese die Arbeitsabläufe tatsächlich auch noch im Kleinen kennt. Bei größeren Unternehmen sind sowohl Führungskräfte, Beschäftigte, Betriebsärztinnen und -ärzte, Fachkräfte für Arbeitssicherheit und weitere relevante Akteurinnen und Akteure beteiligt. „Das größte Wissen bezüglich eines Arbeitsplatzes haben sicherlich diejenigen, die dort täglich acht Stunden lang arbeiten“, so Stein.
Wie unterstützt die VBG?
Damit Mitgliedsunternehmen sich mit dem Thema Gefährdungsbeurteilung vertraut machen und diese durchführen können, hat die VBG mehrere Tools im Angebot. Hier geht es zu unseren Angeboten.
Veröffentlicht am