Die Zeiten, in denen Unternehmen sich darauf beschränkt haben, Stellenanzeigen zu inserieren und darauf zu hoffen, dass sich die richtigen Kandidatinnen und Kandidaten melden, sind vorbei. Junge Talente möchten sich heute vorstellen können, wie ihr neuer Arbeitgeber tickt. „Employer Branding“, zu Deutsch „Arbeitgeber-Markenbildung“, bezeichnet die Anstrengung eines Unternehmens, sich gegenüber potenziellen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern attraktiv zu präsentieren. Unterschiedliche Strategien führen dabei zum Erfolg.
Praktische Auswahlverfahren
Eine Studie im Auftrag des Softwareunternehmens Viasto hat ergeben, dass mehr als jede beziehungsweise jeder vierte Bewerbende einen potenziellen Job aufgrund des Auswahlverfahrens absagt. Dies ließe sich zum einen umgehen, indem der Bewerbungsprozess von Beginn an transparent kommuniziert wird: Worauf können sich Bewerberinnen und Bewerber einstellen? Unternehmen sollten außerdem darauf verzichten, Auswahlverfahren zu kompliziert zu gestalten. Regelmäßige Kommunikation und offenes Feedback unterstützen einen klaren Prozess zusätzlich.
Hybride Arbeitsmodelle
Das Büro hat sich infolge der Coronavirus-Pandemie in vielen Branchen zum Nebendarsteller entwickelt. Auch in Zukunft wird der Arbeitsplatz weiter mit dem Zuhause verschmelzen. Das ergab eine Studie des Softwareunternehmens Qualtrics: 35 Prozent der Befragten gaben an, dass sie sich nach einem neuen Arbeitsplatz umsehen würden, wenn sie wieder Vollzeit ins Büro gehen müssten.
Gelebte Unternehmenskultur
Geld und Corporate Benefits sind nicht die einzigen Punkte, die Arbeitssuchende im Blick haben. Überzeugender ist, dass sie sich vorstellen können, in das Team zu passen. Das „Cultural Matching Tool“ des Dienstleistungsunternehmens Verivox ist ein tolles Beispiel: Online können Interessierte testen, ob sich Verivox als Arbeitgeber eignen würde. Das setzt natürlich voraus, dass sich ein Unternehmen bereits klar darüber ist, welche Kultur es lebt. Dabei ist die Unternehmenskultur nicht nur im Recruiting entscheidend. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Zugehörigkeit empfinden, sind treuer und wechseln seltener den Arbeitsplatz. Unternehmenskultur ist ein Prozess, der durch die Führungsebene angestoßen werden kann, der aber unbedingt die Mitarbeitenden aktiv einbeziehen sollte.
„Tag der offenen Tür“/Casting
Manche Unternehmen geben Bewerberinnen und Bewerbern die Chance, bei einem öffentlichen Casting-Format Kontakte zu knüpfen, anstatt auf die mittlerweile klassische Onlinebewerbung zu setzen. Die Deutsche Bahn etwa gibt Interessierten die Möglichkeit, in kurzen zehn- bis fünfzehnminütigen Sequenzen Gespräche mit Expertinnen und Experten, aber auch mit aktuellen Auszubildenden zu führen.
Die GoodJobs GmbH, eine digitale Plattform für Stellenvermittlung, veranstaltete im Dezember 2018 ein „Job-Vorglühen“ in ihren Büroräumen. Bei einer offenen Weihnachtsfeier konnten Interessierte das Team und das Unternehmen in ungezwungener Atmosphäre kennenlernen. Die Idee ist simpel: Anstatt farblose Stellenbeschreibungen zu verfassen und steife Vorstellungsgespräche zu führen, stellte GoodJobs das Zwischenmenschliche in den Vordergrund. Bei Interesse wurde ein klassischer Bewerbungsprozess in die Wege geleitet.
Inklusive Sprache
Mehrere Studien haben gezeigt, dass klassische, kompetitiv formulierte Stellenausschreibungen Frauen, Menschen mit Migrationshintergrund oder LGBTQI+-Personen abschrecken. In einer Fokusgruppe hat GoodJobs wichtige Hinweise für Personalerinnen und Personaler erarbeitet. Auch der Jobtitel macht einen Unterschied: Neutrale Beschreibungen wie „Wir suchen eine Person im Bereich xyz“ sind vorzuziehen. Die Fokusgruppe bemängelte außerdem, dass Stellenausschreibungen häufig mit zahlreichen Anforderungen gefüllt sind, die ebenfalls entmutigen. Infolge dieses Projekts hat GoodJobs gemeinsam mit Witty Works den „Diversifier“ entwickelt. Das Onlinetool offenbart kritische Stellen in Jobbeschreibungen und hilft, inklusive Sprache umzusetzen.
Digital first
Ob Karriereseite oder Social-Media-Kanäle: Der Onlineauftritt eines Unternehmens sollte immer auf dem neuesten Stand sein. Besonders Karriereseiten brauchen eine nutzerfreundliche Navigation. Unter den Social-Media-Kanälen nimmt LinkedIn eine bedeutende Rolle ein. Hier tummeln sich junge Talente zum Netzwerken und zum Austausch. Auch dieser Kanal kann für Employer-Branding-Zwecke genutzt werden, indem etwa der Arbeitsalltag und das Team vorgestellt werden. Es geht aber auch experimenteller, besonders wenn Unternehmen eine sehr junge Zielgruppe ansprechen möchten. Das Klinikum Dortmund betreibt einen eigenen TikTok-Kanal mit 80.000 Fans.
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